Persönliche Rezension. Tempozoo.

 

Noch nie brannte es so unter den Nägeln, ein Statement zum jüngsten Rockhauswerk abzugeben. 

25.10.2019. Tempozoo. 13 Song mit Titeln, die auf eine andere „Sprache“  hindeuten und die Frage weckt, welcher große Text hinter dem Titel steckt.  

Die ersten beiden Songs waren bereits durch die Sommerkonzerte bekannt und im ersten Moment etwas uninteressanter. Der Fokus war auf das noch Unbekannte gesetzt – 11 Songs die volle Aufmerksamkeit auf Sound und Text forderten. Die 3 nachfolgenden Songs („ September“, „Energie“ & „Windmühlen“), waren vom Sound her eher ein „normaler Durchschnitts Rockhaussong“, der mich aber nicht abhob und etwas an das Vorgängeralbum „Therapie“ erinnert. Somit war der erste Eindruck etwas ernüchtern, da ich vor dem hören mehrfach durchweg positive und herausragende Meinungen gehört habe, die ich bis dahin nicht teilen konnte. 

Ab dem 6. Song „Tief unten“ sollte sich meine Meinung grundlegend ändern und das Album hat mich gefesselt. Alles was danach kam war ein komplett neuer Sound -  rockig, anders als erwartet, tiefgründige Lyrik & ein Sound den ich bis dahin so noch nicht gehört habe. Diese Songs haben keine musikalischen Wiederholungen, sondern leben von Brüchen  und Highlights innerhalb des Songs, die man so nicht mal ansatzweise erwartet hat.  Rockhaus hat es wiedermal geschafft, sich neu zu erfinden und ein Album zu schaffen, das typisch für sie ist aber keines Wegs an irgendein Vorgängerwerk erinnert. Es wird immer tiefer, intensiver und heftiger was auf einen einwirkt – absolut unerwartet! Live werden diese Songs noch mehr an Intensivität  gewinnen. Der Titelsong „Tempozoo“ erinnert am Anfang etwas an Mike Kilians „Mächtig Verdächtig“. Es ist das erste Album ohne Beathoven und ohne Keyboards, wieder etwas mehr back to the roots, nur mit dem Sound aus dem Jahr 2019. Ich bin mir sicher, dass Beathoven verdammt stolz auf die Jungs und das neue Werk wäre! Auch der Einfluss von Bassist Robert Protzmann ist nicht zu überhören und der Bass bekommt mehr Aufmerksamkeit als bisher.  Allerfeinster Deutschrock, der jedem anderen neuerschienen deutschem Stück locker das Wasser reichen kann, egal ob von  Johannes Oerding, Silbermond oder auch dem aktuellen Rammstein Album (es ist mindestens genauso tief, dunkel & direkt). Es ist ein Stück, dass eine komplette Einheit bildet und von Song zu Song weiter aufeinander aufbaut. Wenn man die ersten Sekunden von „ die Wahren Verlierer“ hört, kommt kurz der Eindruck auf, dass es an „Parties“ angelehnt sein könnte.  Nach anfänglicher Skepsis hat mich dieses Album absolut überzeugt. Rockig, basslastig, tief. Texte die wieder zwischen den Zeilen angelehnt sind und Platz lassen für eigene Interpretationen. Genau das, was die deutschsprachige Musikszene braucht. 

 

Foto: Carsten Klick